Abfindungsberechnung
November 12, 2010 | 40,00 EUR | beantwortet von Oliver Burchardt
Sehr geehrte Damen und Herren,
folgende Situation:
ich arbeite in Teilzeit (20 Std.) mit Lohnsteuerklasse 5, Jahresgehalt 28.800,-€. Bei der Firma kommt es nun zu Entlassungen mit Abfindung. In die Abfindungsberechnung fließen mit ein:
- Jahre der Betriebszugehörigkeit
- Persönliches Alter
- Anzahl Kinder
Nun werden mir zwei Abfindungsvarianten angeboten:
- einmal Abfindung in Höhe von 67.200,-€ mit Kündigungsdatum 31.03.2011 oder
- Abindung in Höhe von 71.250,-€ mit Kündigungsdatum 31.12.2011.
Mit Hilfe eines Abfindungsrechners, bei dem das Gehalt im Jahre 2011 sowie die Höhe der Abfindung eingegeben werden muss habe ich ausgerechnet, daß es sich überhaupt nicht lohnen würde, bis 31.12.2011 beschäftigt zu bleiben, da die Verringerung der Netto-Abfindungssumme höher ist als das Netto-Gehalt, welches ich jeden Monat verdiene.
Netto-Abfindung lt. Rechner bei Ausscheiden 31.03.: 55.000
Netto-Abfindung lt. Rechner bei Ausscheiden 31.12.: 47.081
Netto-Verdienst in Summe für April-Dezember: 10.872,-
D.h. ein Abfindungsverlust von 7919,-€ steht einem Verdienst von 10.872 gegenüber- für mich für 9 Monate Arbeit keine Relation.
Meine Fragen:
- ist das generell richtig, was ich berechnet habe (ich meine nicht den konkreten Zahlenwert sondern die generelle Berechnung)?
- fließt das Arbeitslosengeld, welches ich ab April bekommen werde, in die Netto-Berechnung der Einkünfte mit ein?
- mein Mann ist der Hauptverdiener der Familie mit Jahreseinkommen von ca. 80.000,-€: muss das irgendwie berücksichtigt werden? Wir sind gemeinsam veranlagt.
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne im rahmen einer Erstberatung beantworte.
Bitte beachten Sie, daß die steuerrechtliche Würdigung auf Basis der gemachten Angaben erfolgt. Das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen kann das Ergebnis, ggf. auch wesentlich, beeinflussen.
Grundsätzlich kann ich Ihre Berechnung nachvollziehen. Allerdings vereinfachen im Internet angebotene Rechner immer, da die Realität sich immer komplexer darstellt. Darüber hinaus werden in der Regel nur die lohnsteuerlichen Wirkungen aufgezeigt. Dies greift zu kurz, da die Lohnsteuer keine eigene Steuer ist, sondern nur eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer.
In Ihrem Fall sind die von Ihnen aufgeworfenen Fragen in der Tat der Knackpunkt der Berechnung.
Das Arbeitslosengeld stellt zwar kein steuerpflichtiges Einkommen dar, jedoch löst es den sogenannten Progressionsvorbehalt aus. Konkret heißt das, daß sich Ihr Steuersatz erhöht, auf dessen Maßgabe die Steuer berechnet wird. An einem Beispiel verdeutlicht sieht das folgendermaßen aus:
Sie verdienen ohne Arbeitslosengeld 28.000 EUR. Darauf zahlen Sie knapp 5.000 EUR Einkommensteuer (zur Vereinfachung ohne eine Einbeziehung Ihres Ehemannes), was einem Steuersatz von knapp 17,9% entspricht. Jetzt erhalten Sie 5.000 EUR ALG. Nunmehr zahlen Sie 5.500 EUR ESt bei einem Steuersatz von jetzt 19,6% entspricht. Im Ergebnis wird ein Teil des ALG doch versteuert.
Das Zusammentreffen von Abfindung und ALG führt zu einer sehr komplexen Berechnung des tatsächlichen Steuereffekts, im Ergebnis jedoch zu einer höheren Steuerzahlung auf die Abfindung. In Ihrem Fall mindert sich dadurch der "Abfindungsverlust".
Durch die gemeinsame Veranlangung werden alle durch Ihren Ehemann und Sie erzielten Einkünfte zusammengerechnet und aus der Summe der erzielten Einkünte die Steuerbelastung berechnet. Eine isolierte Betrachtung nur der für Sie eintretenden Lohnsteuereffekte führt ggf. zu einer falschen Entscheidung.
Wichtig ist es, das gesamte Einkommen zusammenzurechnen und darauf die Entscheidung zu basieren.
"Grob" gerechnet stellen sich die Steuerbelastungen wie folgt dar:
Abfindung zum 31.12.2011: Gesamteinkommen 180.050 EUR, nach allen Steuern verbleiben Ihnen 112.183 EUR.
Abfindung zum 31.3.2011: Gesamteinkommen 154.400 EUR, ALG 10.000 EUR, nach Abzug aller Steuern verbleiben Ihnen 118.500 EUR (108.500 EUR aus zu versteuerndem Einkommen und 10.000 EUR aus ALG).
Bitte beachten Sie, daß sowohl die Steuerberechnungen als auch die Ermittlung des ALG unverbindliche Modellrechnungen sind, für die mangels weiterer Angaben keine Haftung übernehmen kann.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen einen Überblick über die steuerliche Situation gegeben zu haben.
Oliver Burchardt
Steuerberater
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