Kündigung Freelax Rentenversicherung Standard Life
April 19, 2013 | 35,00 EUR | beantwortet von Jan Wilking
Guten Tag. Ich habe im August 2010 die aufgeschobene Rentenversicherung Freelax der Standard Life Versicherung abgeschlossen und bis jetzt rund 5.700 Euro eingezahlt. Jetzt überlege ich, diese Versicherung zu kündigen – weil ich denke, erstens eine Versicherung zuviel und zweitens angesichts der Wertentwicklung nicht die beste abgeschlossen zu haben. Auf Nachfrage wurde mir jetzt ein aktueller Rückkaufswert in Höhe von rund 3.000 Euro mitgeteilt. Frage: Sollte ich mich damit zufrieden geben oder lässt sich da, salopp gefragt, noch mehr rausholen? Was wären die nächsten Schritte? Eine Rechtsschutzversicherung ist vorhanden. Für Rat und Auskunft schon jetzt herzlichen Dank.
Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Regelmäßig bedienen sich die Versicherungsunternehmen zur Berechnung des Rückkaufwertes des sogenannten Zillmerverfahrens, was bedeutet, dass die ersten Beiträge nicht angespart, sondern die Prämie in den ersten Jahren mit Verwaltungskosten, Vermittlungsgebühren und Provisionen verrechnet wird. Es kann dann, je nach vertraglicher Regelung, sogar zu noch niedrigeren Rückkaufswerten bei Kündigung in den ersten Vertragsjahren kommen, als dies bei Ihnen der Fall ist.
Der Bundesgerichtshof hat aber in einem aktuellen Urteil vom 25.07.2012, IV ZR 201/10 unter Verweis auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15.02.2006 (1 BvR 1317/96) entschieden, dass Bestimmungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen aufgeschobene Rentenversicherung, die vorsehen, dass die Abschlusskosten mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden, eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers darstellen können und folgerichtig gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sind.
Begründet wird dies damit, dass die Bildung von Vermögenswerten, wozu auch der Rückkaufswert zählt, zum Ziel eines Versicherungsvertrages gehört und dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegt. Dieses Vertragsziel darf nach Ansicht der Richter auch im Falle vorzeitiger Vertragsbeendigung nicht durch das Zillmerverfahren gefährdet werden. Ebenso für unwirksam wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB hält der BGH die Klauseln, bei denen es um die Berechnung des Rückkaufswertes und gleichzeitigem Stornoabzug im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung geht.
Ohne Kenntnis Ihres konkreten Versicherungsvertrages kann natürlich nicht abschließend beurteilt werden, ob die entsprechenden Klauseln in Ihrem Vertrag unwirksam sind und daher ein höherer Rückkaufswert gerechtfertigt wäre. Sie sollten sich von der Versicherung die Berechnung des Rückkaufwertes offenlegen lassen – wird hierbei auf Klauseln verwiesen, die eine Verrechnung mit Abschlusskosten, Stornoabzüge oder ähnliches vorsehen, kann es ratsam sein, bei Verweigerung eines höheren Rückkaufwertes einen auf Versicherungsrecht spezialisierten Kollegen vor Ort mit der Prüfung des Vertrages und eines möglichen Nachzahlungsanspruches zu beauftragen (ggf. nach vorheriger Deckungsanfrage und Zusage durch die Rechtsschutzversicherung).
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
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