"Bilderklau" bei Ebay
August 6, 2011 | 40,00 EUR | beantwortet von Jan Wilking
Hallo,
meine Freundin hat in Ebay ihren Camcorder zum Verkauf angeboten und dabei aus Unwissenheit (die natürlich nicht vor Strafe schützt) und Unkenntnis der Ebay-AGB 5 Bilder des Gerätes inklusive große Teile remden Auktionstextes eines Online-Händlers eingestellt.
Der Händler hat dies direkt bei Ebay gemeldet, worauf diese die Auktion umgehend abbrachen. Die Bilder waren nur vom 25.07.11 20:07 bis 26.07.11 10:40 (also nur 14,5 Stunden im Netz).
Der Händler wollte sich zwecks Kostenreduzierung ohne Bestreitung des Rechtsweges finanziell einigen und gab als Schadenersatzforderung einen angeblichen Mindestsatz von 150,-€ pro Bild (also insgesamt 750,-€) zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr von 30,-€ an= 780,-€ Summe.
Das meine Freundin aus Unwissenheit das Urheberrecht verletzt hat und ein Schadenersatzanspruch besteht, ist unstrittig. Es geht lediglich um die sehr hohe Schadenersatzforderung, die uns unrealistisch und gemessen an dem in 14,5 Stunden tatsächlich entstanden Schaden unangemessen erscheint. Unter http://www.it-recht-kanzlei.de/bilderklau-im-internet.html wird hier nur 60,-€ pro Bild bis zu einer Woche beziffert.
Wie sollen wir uns verhalten? Sollen wir den Rechtsweg bestreiten, oder außergerichtlich die 780,-€ bezahlen?
Vielen Dank für Ihre Hilfe!
Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Dass Ihre Freundin zum Schadensersatz verpflichtet ist, dürfte nach Ihrer Schilderung außer Frage stehen (wobei im Streitfalle der Händler zunächst beweisen müsste, dass er tatsächlich Urheber der Bilder und Texte ist bzw. die ausschließlichen Nutzungsrechte hieran hat). Für die Berechnung des Schadens kann der Händler sich folgender Alternativen bedienen: Ersatz der erlittenen Vermögenseinbuße einschließlich des entgangenen Gewinns, Zahlung einer angemessenen Lizenz (Lizenzanalogie) oder Herausgabe des Verletzergewinns. In Ihrem Fall hat der Händler wohl die Lizenzanalogie gewählt. Für die Berechnung des Schadens wird bei der rechtswidrigen Verwendung von Bildern üblicherweise auf die Honorar-Empfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) zurückgegriffen. Daraus ergibt sich dann auch der von Ihnen genannte Anspruch von 60,- EUR/Woche. Hinzu kommt noch ein Verletzeraufschlag in Höhe von 100%, wenn der Urheber bei Veröffentlichung nicht genannt wurde.
Allerdings gelten diese Honorarempfehlungen für gewerbliche Nutzung. Ich gehe aber davon aus, dass Ihre Freundin die Bilder in einer privaten Auktion verwendet hat. In einem solchen Fall liegt das angemessene Entgelt aber deutlich niedriger und richtet sich in erster Linie nach dem erzielbaren Preis für den Camcorder. In einem vergleichbaren Fall hat das OLG Brandenburg einen Schadensersatz in Höhe von 40,- EUR (einschließlich Verletzeraufschlag) pro Bild für angemessen erachtet (Urteil vom 03.02.2009, Az. 6 U 58/08). Das Amtsgericht Köln geht von 60,- EUR pro Bild bei einer privaten ebay-Auktion aus (Urteil vom 31.03.2010, Az. 125 C 417/09).
Meines Erachtens dürften bei der Verwendung von 5 Fotos daher höchstens 300,- EUR gefordert werden, aufgrund der kurzen Nutzungsdauer sogar eher weniger, wobei allerdings auch der Text zu beachten ist (vorausgesetzt die Artikelbeschreibung war tatsächlich urheberrechtlich geschützt, was keinesfalls selbstverständlich ist). Sie sollten dem Händler daher maximal diese Summe unter Verweis auf die genannten Urteile als Schadensersatz anbieten. Ich gehe davon aus, dass der Händler sich hiermit zufrieden geben wird. Auch wenn eine eindeutige Prognose nicht abgegeben werden kann, ist es doch eher unwahrscheinlich, dass der Händler bei einem Rechtsstreit eine höhere Summe erlangen wird, eher eine niedrigere. Allerdings müssen Sie beachten, dass der Händler auch einen Unterlassungsanspruch gegen Ihre Freundin hat. Solange Ihre Freundin noch keine rechtsverbindliche und strafbewehrte Erklärung abgegeben hat, dass Sie die Verwendung der konkreten Bilder und Texte zukünftig unterlässt, kann der Händler Ihre Freundin auf Unterlassung verklagen, wodurch natürlich weitere Kosten entstehen würden. Besteht also tatsächlich die Gefahr, dass der Händler es auf einen Rechtsstreit ankommen lässt, sollte Ihre Freundin verbunden mit dem Angebot einer niedrigeren Schadensersatzzahlung auch eine Unterlassungserklärung abgeben, damit dieser Anspruch erfüllt ist. Dass der Händler dann allein wegen der darüber hinaus geforderten 480,- EUR einen Rechtsstreit mit hohem Prozessrisiko einleitet, halte ich für sehr unwahrscheinlich.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
... Interessiert Sie diese Frage ebenfalls?