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Frag einen Rechtsanwalt zum Thema Nachbarschaftsrecht

Streitigkeit um Terrassenmauer

Sehr geehrter Herr Anwalt,

zur Vorgeschichte:
Wir haben vor ca 10 Jahren beim Umbau unserer Hauses eine
Terrassenmauer auf unserem Grundstück (nicht auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze) mit mündlicher Genehmigung des Nachbarn errichtet.
So weit so gut.
Dieser Nachbar ist dann irgendwann hingegangen und hat an unsere Mauer, die auf unserem Grundstück steht, seinen Wintergarten angebaut. Dabei hat er ein Stück aus unserem Dach, ohne unser Einverständnis herausgeschnitten, um dort einen Balken zu befestigen.

Die Frage ist: Darf er überhaupt an unsere Mauer ohne unsere Genehmigung anbauen? Darf ich heute nach 10 Jahren sagen, er möchte das Loch in meinem Dach wieder in den Ursprungszustand versetzen bzw. verschließen?Falls ja, muss ich eine Begründung dafür abgeben? Darf er heute unsere Mauer (auf unserer Grundstücksseite!!) von seiner Seite verklinkern ohne unserer Genehmigung??

Für Ihre Antworten bedanke ich mich bereits im voraus und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Martina Borowski

Andreas Scholz

Sehr verehrte Fragestellerin,

ihr Nachbar darf auf Ihrem Grundstück weder bauen noch anbauen, noch etwas verklinkern, noch Teile herausschneiden, wenn Sie das nicht wollen. Tut er dies trotzdem, macht er sich Schadensersatzpflichtig, unter Umständen auch strafbar. Eine Einschränkung gibt es aber:

Nach §§ 912, 913 BGB sind Sie gegen Zahlung einer Geldrente verpflichtet, den Überbau auf Ihr Grundstück zu dulden, wenn dem Nachbar weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit bei Überbau zu Last gefallen ist.

Dass die von Ihnen beschriebenen Zustände nun einige Jahre andauern, begründet überdies allein noch kein Gewohnheitsrecht des Nachbarn, vermöge dessen der fordern dürfte, das sein Gewerk so bleiben dürfte, wie es im Moment ist.

Voraussetzung für das Vorliegen eins Gewohnheitsrechtes ist, dass die Beteiligten (Sie und der Nachbar) in der Überzeugung gehandelt haben, „durch die Einhaltung der Übung bestehendes Recht zu befolgen“ (BVerfGE 28, 28; RGZ 75, 41; BGHZ 37, 219). Im Übrigen kann der nachträglich Wegfall einer eventuell bestanden habenden Rechtsüberzeugung gegen das Bestehen eines Gewohnheitsrechts sprechen. Im Übrigen wäre Ihr Nachbar beweispflichtig dafür, dass die Voraussetzungen eines gewohnheitsrechtlichen Anspruches seinerseits vorliegen.

Im Ergebnis gilt: Wusste der Nachbar bei Überbau von der Überschreitung der Grundstücksgrenze, so ist er zum Rückbau und im Übrigen auch zur weitern Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verpflichtet. Wusste der Nachbar aber nicht, dass er überbaut und musste er dies auch nicht wissen, so kommt ein Geldentschädigung ohne Rückbaupflicht in Betracht (Angesichts der Tatsache, dass aber aus Ihrem Haus ein Stück Dach entfernt worden ist, musste der Nachbar aber sich selbst fragen, ob er hierzu überhaupt berechtigt sei, so dass ich in Ihrem Falle jedenfalls beim Entfernen des Dachstückes von einem Schadensersatzanspruch Ihrerseits ausgehe).

Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben. Bei Unklarheiten fragen Sie einfach nach.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Scholz, RA

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Andreas Scholz