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Frag einen Rechtsanwalt zum Thema Insolvenzrecht

Gewerbebetrieb in der Insolvenz

Hallo,
bitte kann mir jemand folgende Fragen beantworten:

Ich befinde mich in der Wohlverhaltensphase meines Insolvenzverfahrens. Haupberuflich bin ich angestellt.

Früher hatte ich ein Buchführungsbüro und einige Mandanten möchten weiterhin von mir betreut werden.
Es handelt sich um monatlich widerkehrende-,gleichbleibende Einnahmen.
Das Jahresergebnis hinzugerechnet zu meinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit würde die Pfändungsgrenze nicht überschreiten.
Kann ich bei Gericht beantragen, dass ich die Gelder die ich einnehme, nicht den Umweg über den Insolvenzverwalter machen -also auf mein Konto überwiesen werden dürfen- sofern ich beim Finanzamt die Kleinunternehmerregelung nach §19b UStG beantrage und der Verwalter hinsichtlich der Umsatzsteuer nicht in der Pflicht gegenüber dem Finanzamt steht?

Eine weitere Frage ist eine bestehende Steuerschuld beim Finanzamt, die auch vom Finanzamt beim I-Verwalter angemeldet wurde.
Ich habe jählich mit Steuererstattungen zu rechnen, die vom FA auf die Steuerschuld angerechnet wird, was aber widerum eine Gläubigerbegünstigung i.S.d. InsO bedeutet. Kann ich das FA zwingen mir die Gelder auszuzahlen?

Und die letzte Frage:
Falls es nun im Gewerbebetrieb durch Einmalaufträge oder Anschaffungen doch zu schwankenden Monatsergebnissen kommt -also einmal Verlust einmal Gewinn-, wie verhalten sich dieses dann mit der Pfändungstabelle, wird dann der Jahresgewinn gezwölftelt und dann gepfändet, oder kommt es auf den Monat an?

Vielen Dank im Voraus


Mit freundlichen Grüßen


Carsten

Dr. Dr. Danjel-Philippe Newerla

Sehr geehrter Ratsuchender,

Vielen Dank zunächst für Ihre Anfrage!

Nachfolgend möchte ich gerne unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes sowie Ihrer Sachverhaltsschilderung zu Ihren Fragen wie folgt Stellung nehmen:


Zu 1.) Kann ich bei Gericht beantragen, dass ich die Gelder die ich einnehme, nicht den Umweg über den Insolvenzverwalter machen -also auf mein Konto überwiesen werden dürfen- sofern ich beim Finanzamt die Kleinunternehmerregelung nach §19b UStG beantrage und der Verwalter hinsichtlich der Umsatzsteuer nicht in der Pflicht gegenüber dem Finanzamt steht?

Nein, dies geht so leider nicht, da grundsätzlich alle Einnahmen dem Treuhänder(Insolvenzverwalter) zufließen, da diese in die Insolvenzmasse fallen.

Die steuerrechtliche Gestaltung, also insbesondere die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung, hat hierauf grundsätzlich keinen Einfluss, da hierdurch die Qualität der zufließenden Geldbeträge als Einnahmen nicht beeinflusst wird.


Zu 2.) Kann ich das FA zwingen mir die Gelder auszuzahlen?


Das ist eine sehr schwierige und höchst umstrittene Frage, die in der Literatur unterschiedlich beantwortet wird und von der Rechtsprechung sowie dem Gesetz (der Insolvenzordnung) noch nicht abschließend geregelt ist.

Ausgangspunkt ist, dass die Einkommensteuererstattung in der Regel daraus resultiert, dass der Arbeitgeber einen nach Tabellenwerten bestimmten Teil des Bruttolohnes an das Finanzamt als Lohnsteuer abgeführt hat und die Summe der abgeführten Lohnsteuerbeträge die zu zahlende Jahressteuer übersteigt, so dass es zu einer Differenz kommt, die grundsätzlich rückzuerstatten ist.

Insoweit steht die Frage im Raum, ob die Lohnsteuererstattung nicht Teil des Arbeitslohnes ist und demnach zwingend an den Insolvenzverwalter abzuführen ist. Diese frage wird wie bereits angedeutet, sehr unterschiedlich beantwortet, aber im Ergebnis von der Mehrheit verneint:

Der Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung wird unter § 287 Rn. 44 ausgeführt, dass Lohn- und Einkommensteuererstattungen kein Arbeitseinkommen darstellen ( LG Braunschweig NJW 1972, 2315; Stein / Jonas / Brehm ZPO, § 850 Rn. 30 ). Es gibt aber auch gegenteilige Auffassungen ( LAG Hamm, NZA 1989, 529; LAG Frankfurt BB 1989, 295 ).

Ausgehend von der überwiegenden Meinung wäre die Rückerstattung somit kein Einkommen und müsste nicht an den Treuhänder abgeführt werden.

Nun muss aber noch weiter zwischen den Fällen unterschieden werden, in denen das Finanzamt als Insolvenzgläubiger beteiligt ist und wo dies nicht der Fall ist.

Somit kann der Grundsatz festgehalten werden, dass nach überwiegender Auffassung die Steuerrückerstattungen nicht an den Insolvenzverwalter abzuführen sind, was jedoch im Einzelfall insbesondere im Hinblick auf noch offene Steuerschulden zu prüfen ist und daher an dieser Stelle im Rahmen einer Erstberatung leider nicht abschließend geklärt werden kann.


Zu 3.) Falls es nun im Gewerbebetrieb durch Einmalaufträge oder Anschaffungen doch zu schwankenden Monatsergebnissen kommt -also einmal Verlust einmal Gewinn-, wie verhalten sich dieses dann mit der Pfändungstabelle, wird dann der Jahresgewinn gezwölftelt und dann gepfändet, oder kommt es auf den Monat an?


Bei Selbstständigen kommt es grundsätzlich auf den Jahresdurchschnitt, bei Angestellten auf den Monatsbetrag an.


Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute!


Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:

Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann. So kann nämlich durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.

Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben. Sie können mich natürlich gerne im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal oder über meine E-Mail-Adresse mit mir Verbindung aufnehmen.


Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Mittwochnachmittag!

Mit freundlichem Gruß

Dipl.-Jur. Danjel-Philippe Newerla, Rechtsanwalt

Heilsbergerstr. 16
27580 Bremerhaven
kanzlei.newerla@web.de
Tel. 0471/3088132
Fax: 0471/3088316

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