Prüfung Arbeitszeugnis
Februar 3, 2012 | 40,00 EUR | beantwortet von Steffan Schwerin
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin mit dem Arbeitszeugnis für meine Mutter nicht einverstanden und denke es besteht großer Korrekturbedarf.
Würden Sie mir das Zeugnis prüfen und ein Schreiben an den Arbeitgeber mit den notwendigen Korrekturwünschen erstellen?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.
MfG
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
die von Ihnen gestellten Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie Ihres Einsatzes wie folgt:
Für den Zeugnisaufbau gibt es einen Standard. Danach ist wie folgt vorzugehen:
Überschrift - Bezeichnung der Zeugnisart: Zwischenzeugnis, Praktikantenzeugnis etc.
Einleitungssatz - Personalien des Mitarbeiters sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses
Aufgabenbeschreibung - Position des Mitarbeiters und Beschreibung seiner Kompetenzen in der Firma
Leistungsbeurteilung - Arbeitsweise, Arbeitsleistung und Arbeitserfolge des Mitarbeiters
Verhaltensbeurteilung - Verhalten zu Vorgesetzten, Kollegen gegebenenfalls zu Kunden und weiteren Personen
Schlussabsatz - Wenn vom Arbeitnehmer gewünscht, ist der Grund für das Ende des Arbeitsverhältnisses anzugeben. Am Ende: Dankesformel mit Zukunftswünschen.
Negative Beobachtungen und Bemerkungen sind im Arbeitszeugnis unzulässig. Ebenso wenig ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, dem Scheidenden gute Wünsche für seine berufliche und private Zukunft mitzugeben. Zu beiden Fällen gibt es verschiedene Gerichtsurteile, anhand derer auch die "Bestimmungen für Arbeitszeugnisse in der Wirtschaft" modifiziert werden.
Diese legen unter anderem die thematischen Tabus bei der abschließenden Beurteilung eines Mitarbeiters fest:
Gehalt, Kündigungsgründe, Vorstrafen, Abmahnungen, Krankheiten/Fehlzeiten, Leistungsabfall, Alkoholabhängigkeit, Behinderungen, Betriebsratstätigkeit, Gewerkschaftsengagement, Parteizugehörigkeit, Religiöses Engagement, Nebentätigkeiten/Ehrenämter, Urlaubs- und Fortbildungszeiten.
Darüber hinaus darf im Text nichts unterstrichen, kursiv gedruckt oder gefettet werden. Ausrufe-, Frage- und Anführungszeichen sind ebenfalls unzulässig.
Vom äußeren Erscheinungsbild ist das Zeugnis nicht zu bestanden. Auch wenn mir nur ein Scan vorliegt, gehe ich davon aus, dass das Original entsprechend „gut“ aussieht.
Lediglich ein Firmenstempel wäre noch zu ergänzen – was aber nicht zwingend ist.
Auch eine Grußformel mit Wünschen für Sie am Ende fehlt.
Das Arbeitszeugnis spielt bei der Bewerbung des Arbeitnehmers eine erste wesentliche Rolle. Es stellt einen wichtigen Faktor im Arbeitsleben dar. Einerseits muss es wahr sein - andererseits darf es das weitere Fortkommen des früheren Mitarbeiters nicht ungerechtfertigt erschweren.
Das Bundesarbeitsgericht hat seine äußere Form bestimmt (5AZR 182/92 ):
Es sei haltbares Papier von guter Qualität zu benutzen. Das Zeugnis müsse sauber und ordentlich geschrieben sein und dürfe keine Flecken, Radierungen, Verbesserungen, Durchstreichungen oder ähnliches enthalten.
Die äußere Form des Zeugnisses müsse außerdem so gestaltet sein, dass es nicht einen seinem Wortlaut nach sinnentstellenden Inhalt gewinne. Durch die äußere Form dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, der ausstellende Arbeitgeber distanziere sich vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärung.
Es müsse mit einem ordnungsgemäßen Briefkopf ausgestattet sein, aus dem der Name und die Anschrift des Ausstellers erkennbar seien. Der Unterschrift sei ein Firmenstempel beizufügen.
Ferner könne der Mitarbeiter auch beanspruchen, dass das Zeugnis in einheitlicher Maschinenschrift abgefasst werde.
Das vorliegende Arbeitszeugnis ist im 1. Teil nicht zu bestanden.
Hier findet man einen typischen Zeugnisaufbau mit den relevanten Angaben zur Arbeitnehmerin und zum Unternehmen.
Soweit sich hier keine tatsächlichen Fehler finden – etwas nicht korrekte Angaben zu Ihrer Person oder dem Unternehmen – kann der erste Teil anstandslos akzeptiert werden.
Im 2. Teil des Zeugnisses findet man die Bewertung. Dieser Teil ist maßgeblich und kann wie folgt beurteilt werden:
Im Vergleich mit einer Schulnote ist das Zeugnis lediglich als eine „3“ einzustufen. Der Arbeitgeber beschreibt zwar, was Sie alles gemacht haben und dass Sie dies gut gemacht haben. Durch die Wahl seiner Formulierungen – ob bewusst oder unbewusst – bewertet er Ihre Leistungen aber nicht sonderlich gut.
Es fehlen die positiven Bewertungen wie „stets zur vollsten Zufriedenheit.“
Dies findet man in dem vorliegenden Zeugnis leider gar nicht.
Die Rechtsgrundlage für die Erteilung des Arbeitszeugnisses stellen § 630 BGB, § 109 GewO und § 16 BBiG dar. Nach § 630 BGB können Mitarbeiter, die nicht als Arbeitnehmer beschäftigt werden, bei der Beendigung eines dauernden Dienstverhältnisses ein schriftliches Zeugnis über das Dienstverhältnis und dessen Dauer fordern. Das Zeugnis ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung zu erstrecken. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Zeugnisse müssen klar und verständlich formuliert sein und dürfen keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
Ihnen steht also ein qualifiziertes und wohlwollendes Zeugnis zu, was wir vorliegend aber nicht haben.
Man kann den letzten Absatz wie folgt ändern:
„Frau … war eine dynamische Fach- und Führungskraft, die ihre Einrichtung
stets mit großem Engagement leitet und durch viele Initiativen weiterentwickelt. Durch
ihre zielorientierte und eigenverantwortliche Arbeit konnte sie stets gute Erfolge erzielen.
Frau … verfügte über gute Führungseigenschaften. Sie begeisterte ihre Mitarbeiterinnen
stets und führte diese stets zu hohen Leistungen. Aufgaben und Verantwortung delegierte
sie stets zielgerichtet. Ihre Aufgaben übte sie stets zu unserer vollsten Zufriedenheit und
entsprach unseren Erwartungen in jeder Hinsicht.“
Es besteht insoweit aber ein Anspruch auf Zeugnisberichtigung.
Der Arbeitgeber schuldet aber auch lediglich ein Zeugnis, dass die Arbeitskraft nach mittlerer Güte bewertet, also mit einer „3“. Will der Arbeitgeber Sie schlechter bewerten, muss er das auch beweisen können. Wollen Sie die Bewertung mit „gut“ oder „sehr gut“ müssen Sie beweisen, dass die entsprechenden Leistungen gegeben waren.
Nur dann macht auch ein gerichtliches Vorgehen Sinn.
Allerdings wäre vorab außergerichtlich an den Arbeitgeber heranzutreten und dieser um Korrektur zu ersuchen.
Gern kann ich das auch für Sie machen.
Ich darf Sie abschließend darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann. Es wird ausschließlich das Ziel verfolgt, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres geschilderten Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten. Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen im Rahmen Ihrer Sachverhaltsschilderung kann eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick verschaffen und meine Ausführungen helfen Ihnen weiter. Sie können sich gern im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal mit mir in Verbindung setzen.
Darüber hinaus stehe ich Ihnen selbstverständlich auch im Rahmen einer Mandatierung zur Verfügung. Den geleisteten Erstberatungsbetrag würde ich Ihnen in voller Höhe anrechnen.
Eine größere Entfernung zwischen Anwalt und Mandant stellt grundsätzlich kein Problem dar. Mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel wie E-Mail, Post, Fax und Telefon ist eine Mandatsausführung ebenfalls möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Steffan Schwerin
Rechtsanwalt
Rechtsanwaltskanzlei Steffan Schwerin
Golmsdorfer Str. 11
07749 Jena
Tel.: 03641 801257
Fax: 032121128582
Email: raschwerin@raschwerin.de
Internet: www.jena-rechtsberatung.de
... Interessiert Sie diese Frage ebenfalls?